Prof. Dr. Suzuki Shoko
In unserer Serie “Connecting East and West – A Short Interview with …” stellen wir Ihnen Menschen vor, die an deutsch-japanischen Forschungskooperationen beteiligt sind – und ihre Erkenntnisse darüber, wie und wo man erfolgreich kooperiert!
Diese Woche begrüßen wir Suzuki Shoko, Professorin an der Kyoto Universität, Leader des Artificial Intelligence Ethics and Society Teams am RIKEN Center for Advanced Intelligence und Expertin für Ethik der künstlichen Intelligenz.
1. Welche Art von Forschung begeistert Sie, und warum?
Mich begeistert Forschung, die zur Steigerung des Potenzials menschlicher Fähigkeiten dient und nicht nur auf kleine, spezialisierte Bereiche beschränkt ist, sondern das menschliche Leben in einer Vielzahl von Aspekten verbessert und an Forscherinnen und Forscher in einer Vielzahl von Bereichen weitergegeben werden kann. Denn solche Forschung ist ein Weg, sich dem Rätsel um das Wesen des Menschen zu nähern. Ich forsche schon lange über “eine weitere Art von Intelligenz”, die sich von unserem ursprünglichen Verständnis von “Intelligenz” als Vernunft und Verstand unterscheidet: Intuition, haptischer Sinn, körperliches Bewusstsein und implizites Wissen. Dieses Verständnis von Intelligenz beinhaltet auch die Fähigkeit, moralisches Handeln und Glück als den Weg zur persönlichen Weiterentwicklung als Mensch zu sehen. Ich glaube, dass diese Form der Intelligenz im Zeitalter der künstlichen Intelligenz auch zunehmend hinterfragt werden wird.
2. Was ist Ihre Verbindung zu Deutschland?
In den letzten fünf Jahren habe ich im Rahmen des RIKEN-Projekts “Ethik und Gesellschaft der Künstlichen Intelligenz” durch Symposien und gemeinsame Forschung zu Themen wie “Das Menschenbild im Zeitalter der künstlichen Intelligenz” und “Die Zukunft von Smart Cities” neue Beziehungen zu Expertinnen und Experten aus Industrie, Regierung und Wissenschaft in Deutschland aufgebaut. Wir bauen jetzt im Rahmen des Projektes weitere Plattformen auf, um Forschung in Japan und Deutschland gemeinsam zu fördern. Meine persönliche Verbindung zu Deutschland basiert auf meinem Studium an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln, meiner Arbeit als Nachrichtensprecherin bei der Deutschen Welle und meiner seit 20 Jahren andauernden Feldforschung an der Freien Universität Berlin.
3. Wo sollten Japan und Deutschland mehr kooperieren?
Ich glaube, dass Deutschland und Japan auf dem Gebiet der digitalen Transformation und bei der Entwicklung eines grundlegenden Modells der Ethik der künstlichen Intelligenz enger zusammenarbeiten sollten. In Deutschland entstand – besonders durch Immanuel Kant – eine Denktradition, die die ideologische Grundlage für die moderne Aufklärung lieferte. Durch die Zusammenarbeit von Deutschland und Japan auf Basis dieser Grundlage und die Integration von westlicher und östlicher Philosophie, können wir eine gesellschaftliche Vision für eine neue Ära – eine “zweite Aufklärung” – schaffen und so weltweit führend werden. So sollten wir in der Lage sein, das Design und die ethische Grundlage für Smart Cities zu schaffen, die nicht nur eine weitere Form künstlicher Städte sind, sondern in denen Kultur durch neue Technologien wirklich lebendig wird.
4. Was ist Ihr Erfolgsrezept für Forschungskooperationen?
Bei der Forschung im Zusammenhang mit den SDGs sowie neuen gesellschaftlichen Fragestellungen, die die digitale Transformation mit sich bringt, sind internationale sowie interdisziplinäre Kooperationen der Schlüssel zum Erfolg. Es ist wichtig, dass sich die Geistes- und Sozialwissenschaften und die Naturwissenschaften nicht an den Grenzen ihrer jeweiligen Disziplinen Halt machen und sich ausschließlich auf die Bewahrung ihres Bereichs konzentrieren, sondern ein offenes und flexibles Forschungsklima pflegen, das die ständige Überprüfung von grundlegenden Konzepten, Hypothesen und Methoden einschließt. Dies wird sich auch positiv auf die internationale Forschungszusammenarbeit auswirken.
5. Welchen Rat haben Sie für deutsche/japanische Forscher:innen, die nach gemeinsamen Projekten suchen?
In den letzten Jahren haben wir einen Paradigmenwechsel erlebt, der mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit hervorbringt als je zuvor. Um neue interdisziplinäre Projekte ins Leben zu rufen, treffe ich mich regelmäßig online mit jungen Forscherinnen und Forschern aus verschiedenen Disziplinen wie Physik, Jura, Betriebswirtschaft und Psychologie, die im deutschsprachigen Raum – etwa in Berlin, München und Zürich – leben. Um geistes- und naturwissenschaftliche Kooperationen und interdisziplinäre Forschung zu fördern, die auf den Stärken kultureller Vielfalt aufbauen, möchte ich Sie gerne einladen, auch nach Japan zu schauen, das durch 160 Jahre akademischen Austausch das gegenseitige Verständnis von Denkstilen und Werten gefördert hat. Nehmen Sie dazu sehr gerne Kontakt mit uns auf.
Prof. Dr. Suzuki Shoko
- Professorin, Kyoto University, School of Educational Studies und Principal Investigator, AI Ethics and Society Team, Advanced Integrated Project, RIKEN/ Japan
- Studium an der Sophia University/Japan, Abschluss Dr. Phil. (Sophia University)
- 7 Jahre Studium an der Universität zu Köln, 2009/2010 Gastprofessorin an der FU Berlin
- 20-jährige Erfahrung mit der Arbeit in deutschen Forschungsgruppen sowie Feldforschung in Deutschland und Japan.
- Hauptwerke: „Auf dem Weg des Lebens – West- östliche Meditation“, Logos Verlag; „Glück der Familie. Ethnographische Studien in Deutschland und Japan“, Springer; “Takt in Modern Education“, Waxmann; „Der Aufenthalt der ersten japanischen Gesandtschaft im Rheinland. Hintergründe, Verlauf und Eindrücke einer west-östlichen Kulturbegegnungen im Jahre 1862“, Deutsch- Japanische Gesellschaft e. V.
Kontakt:
https://www.riken.jp/en/research/labs/aip/ai_soc/ai_ethical_legal_soc_issues/index.html
suzuki.shoko.5c@kyoto-u.ac.jp
shoko.suzuki.ue@riken.jp
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