Die Krise bewältigen – Psychosoziale Auswirkungen der Pandemie
Die Corona-Krise hat die Gesellschaften in Japan und Deutschland in vielerlei Hinsicht getroffen. Neben den gesundheitlichen Folgen bringt die Pandemie auch erhebliche soziale und psychische Auswirkungen mit sich wie Arbeitslosigkeit und wachsende Armut, Depression, Einsamkeit und Konflikte im häuslichen Umfeld.
Die Kooperationsveranstaltung des DWIH mit dem Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin (JDZB) am 10. Juni 2021 verband die Perspektiven von Praxis und Wissenschaft zu einem Gesamtbild der sozialen und psychischen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie in Deutschland und Japan.
Mit über 300 angemeldeten Teilnehmenden aus Hochschulen, Forschungsinstituten, der Öffentlichen Verwaltung und der interessierten Öffentlichkeit traf das Symposium auf ein breites Interesse. In den Berichten und Diskussionen wurden sowohl die länderübergreifenden, gemeinsamen Erfahrungen deutlich, aber auch länderspezifische Unterschiede bei Auswirkungen und beim Umgang mit der Pandemie.
Erfahrungen aus der Praxis
Zu Beginn des Symposiums berichteten ŌZORA Kōki, Gründer der 24h-Beratungsstelle “A Place for You” in Tōkyō, und Jens GRÄBENER, Leiter des Berliner Krisendienstes in der Region West, in einem von Ulf KIRSE von der Universität Bielefeld geleiteten Interview über die steigenden Zahlen an Hilfesuchenden.
Dabei spielten sowohl die Angst vor der Erkrankung selbst als auch die psychischen Belastungen durch die Eindämmungsmaßnahmen eine entscheidende Rolle. Hinzu kam, dass viele Organisationen ihre Hilfsangebote einschränken mussten und auch die Beschäftigten und Freiwilligen zunehmend selbst von der Pandemie betroffen seien.
Wissenschaftliche Perspektive
Auf die Erfahrungsberichte aus der Praxis folgte eine von Dr. Nora KOTTMANN vom Deutschen Institut für Japanstudien in Tōkyō moderierte Podiumsdiskussion, in der Prof. Dr. Klaus BERGER, Vertreter der NAKO Gesundheitsstudie, Prof. Dr. Klaus LIEB, Leibniz Institut für Resilienzforschung, Prof. Dr. UEDA Michiko, Waseda University und Prof. Dr. UCHIDA Yukiko, Kyōto University, ihre Forschungsergebnisse vorstellten und die psychosozialen Folgen der Pandemie aus wissenschaftlicher Sicht diskutierten.
Vulnerable Gruppen in den Blick nehmen
So stand besonders die Betrachtung der Folgen der Pandemie in stärker betroffenen vulnerablen Gruppen im Vordergrund der Diskussion.
Während Stress, Depressionen, Angstzustände und Suizide bei jungen Menschen unter 30, Frauen, Alleinerziehenden, prekär Beschäftigten und ökonomisch benachteiligten Personen verstärkt aufgetreten seien, seien ältere Menschen sowie Personen mit hohem Einkommen oder Bildungsstand kaum betroffen. Die Pandemie legte so bereits bestehende Benachteiligungen in den Gesellschaften beider Länder offen.
Evidenzbasierte Politik braucht verlässliche Daten
In der Pandemie ist eine auf Fakten basierende, wissenschaftsorientierte Form der politischen Entscheidungsfindung in den Fokus gerückt. Solche Entscheidungen bräuchten aber auch zuverlässige Daten, die laut den Expertinnen und Experten etwa bei psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland und steigenden Selbstmordzahlen dieser Altersgruppen in Japan sowie jungen Frauen alarmierend nicht vorhanden seien.
Die Energie der Krise nutzen
Die Teilnehmenden betonten, dass die Covid-19 Pandemie auf die mentale Gesundheit der Menschen aber nicht nur negative Auswirkungen hätte. Besonders die Verlagerung der Arbeit auf das Homeoffice reduziere für viele Menschen den psychischen Druck. Durch die nicht mehr nötigen Arbeitswege und weniger soziale Pflichten bleibe mehr Zeit für eigene Interessen und die Familie. Zusätzlich setzten Krisenmomente auch immer Energie zur Veränderung frei.
Mit diesem Blick auf die Chancen der Krise endete das Symposium auf einer verhalten optimistischen Note. Sollte das entstandene Momentum zur Veränderung genutzt werden, könnten wir diese und auch zukünftige Krisen bewältigen.
Video-Ausschnitte aus dem Symposium
Im Folgenden können Sie sich die Aufzeichnungen der drei Impuls-Präsentationen aus der Podiumsdiskussion anschauen.
Alle Videos sind mit Untertiteln auf Deutsch und Japanisch versehen. Um die Untertitel anzuzeigen, müssen Sie zunächst über Klicken des Symbols „Untertitel“ die Untertitelfunktion aktivieren. Anschließend können Sie über das Menü „Einstellungen“ (Zahnrad) > „Untertiteln“ die Sprache der Untertitel einstellen.
Die deutschen und japanischen Untertitel wurden professionell erstellt, Untertitel in weiteren Sprachen können über die Funktion „Automatisch übersetzen“ ausgewählt werden.
Videomitschnitt der Präsentation von Prof. Dr. UEDA Michiko
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Die Präsentation können Sie hier herunterladen.
Videomitschnitt der Präsentation von Prof. Dr. Klaus LIEB
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Videomitschnitt der Präsentation von Prof. Dr. UCHIDA Yukiko
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Die Präsentation können Sie hier herunterladen.
Impuls-Präsentation von Prof. Dr. Klaus BERGER
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Event-Informationen
Datum: Donnerstag, 10. Juni, 2021
Zeit: 18:00-20:00 (JST) / 11:00-13:00 (MESZ)
Sprache: Deutsch/ Japanisch (mit Simultandolmetschung)
Mehr über das Thema in der DWIH-Serie: Toru Kumagai’s reports on R&D trends in Germany “German government and medical world fight the psychological impact of the new coronary pandemic”
[Begrüßung]
Dorothea MAHNKE, DWIH Tokyo
Dr. Julia MÜNCH , JDZB
[Perspektiven aus der Praxis]
ŌZORA Kōki, NPO “A Place for You”
Jens GRÄBENER, Berliner Krisendienst
E-MailJens Gräbener, geb. 09.03.1968, Diplom-Psychologe, Leiter Berliner Krisendienst Region West. Systemischer Therapeut (DGSF), Psychologischer Psychotherapeut (Verhaltenstherapie). Mitglied Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS), Lehrsupervisor Systemische Therapie und Verhaltenstherapie.
Moderation:
Ulf KIRSE, Universität Bielefeld
[Podiumsdiskussion: Auswirkungen, Entwicklungen, Lösungsansätze]
Prof. Dr. Klaus BERGER, NAKO Expertengruppe „Neurologische und Psychiatrische Erkrankungen“ / Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin, Universität Münster
Prof. Dr. UEDA Michiko, Waseda University
Michiko Ueda is Associate Professor in the Faculty of Political Science and Economics at Waseda University, in Tokyo, Japan. Prior to joining Waseda University, she has taught at Syracuse University and California Institute of Technology. Her research interests include suicide prevention, and public health, and public policy. Her latest publications include “Suicide and mental health during the COVID-19 pandemic in Japan” (Journal of Public Health, 2021), “Mental health status of the general population in Japan during the COVID-19 pandemic.” (Psychiatry and Clinical Neurosciences, 2020), and “Tweeting celebrity suicides: Users’ reaction to prominent suicide deaths on Twitter and subsequent increases in actual suicides” (Social Science and Medicine, 2017). She received her Ph.D. from Massachusetts Institute of Technology (MIT).
Prof. Dr. Klaus LIEB, Universitätsmedizin Mainz / Leibniz Institut für Resilienzforschung
E-Mail: Kontaktanfragen sind möglich über Frau Marina Diehl, JDZB
Univ.-Prof. Dr Klaus Lieb ist wissenschaftlicher Geschäftsführer des Leibniz-Instituts für Resilienzforschung (LIR) und Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Mainz.
Prof. Dr. UCHIDA Yukiko, Kyoto University
Dr. Uchida is currently a professor of social and cultural psychology at the Kokoro Research Center, Kyoto University.
Moderation:
Dr. Nora KOTTMANN, DIJ Tokyo
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