Saeka Uchino
Am 31.8.2021 fand unter Schirmherrschaft der Tohoku-Universität das gemeinsam mit dem DWIH Tokyo sowie dem Tohoku Forum for Creativity und Tohoku University Research Administration Center veranstaltete „Falling Walls Lab Sendai 2021 (FWL Sendai 2021)“ statt.
Wir interviewten Frau Saeka Uchino, Gewinnerin des Ersten Preises auf diesem Event. Frau Uchino promoviert derzeit an der Universität Tohoku und präsentierte ihren Beitrag unter dem Titel „Breaking the Wall of Milk Science and Immunology“.
— Wenn Sie noch schwanken sollten – nehmen Sie diese Herausforderung unbedingt an!FWL Sendai 2021 (Saeka Uchino)
Frau Uchino, könnten Sie sich bitte kurz vorstellen?
Ich heiße Saeka Uchino und befinde mich derzeit im 1. Jahr des Doktorandenprogramms in Agrarwissenschaft der Tohoku-Universität. Ich komme aus Tokyo und habe Nutztierwissenschaften an der Shinshu-Universität studiert, wobei ich in meiner Studentenzeit auch sehr in „Yosakoi“ (japanischer traditioneller Gesang und Tanz) als Klubaktivität engagiert war. Auf einem wissenschaftlichen Treffen, an dem ich als Studentin teilnahm, hat mich eine Präsentation des Labors, dem ich heute angehöre, stark beeindruckt. Ich bin dann zum Master-Kurs an die Tohoku-Universität gewechselt und habe mich dort seither intensiv mit tierimmunologischer Forschung befasst.
Wie fühlen Sie sich nach der Teilnahme und dem Ersten Preis am Falling Walls Lab Sendai 2021?
Die jungen Forscher und Studenten, die daran teilnehmen, sprechen alle fließend Englisch, und die eigene Forschung in diesem Umfeld auf Englisch darlegen zu müssen, war für mich schon eine große Hürde, ich war wirklich sehr angespannt. Und ich kann immer noch nicht glauben, dass ich tatsächlich gewonnen habe.
Hat Ihnen die Präsentation Spaß gemacht?
Ja. Ich war zwar angespannt, aber ich hatte ja jeden Tag geübt. Auch beim Coaching für die Präsentation, das ich im Sommer von Frau Kohata* bekommen habe, ging es immer wieder darum, jeden Tag zu üben, üben, üben, was ich auch getan habe. Als es losging, war ich dann auch nicht so verkrampft und bin durchgekommen wie immer.
Könnten Sie die Forschung, die Sie auf dem FWL Sendai 2021 vorgestellt haben, einmal kurz umreißen? Was sind die bahnbrechenden Punkte? Mit was für Schwierigkeiten hatten Sie im Laufe der Forschung zu kämpfen?
Muttermilch ist reich an als „IgA-Antikörper“ bezeichneten Immunstoffen, denen bei Neugeborenen mit noch ungenügend entwickelter eigener Immunität die Immunfunktion zukommt. Mein Gedanke war, dass sich ein Wurf vielleicht gesund aufziehen ließe, wenn ich die in Muttermilch enthaltenen IgA-Antikörper im Versuchslabor beliebig herstellen und damit das Viehfutter und die Trockenmilch anreichern könnte. Ich habe dann aus den Milchdrüsen von Mäusen isolierte Zellen, die IgA-produzieren, mit unsterblichen Zelllinien fusioniert, um so Zelllinien zu erzeugen, die unbegrenzt die IgA-Antikörper der Muttermilch produzieren. Bahnbrechend an dieser Forschung ist, dass sie die Herstellung der IgA-Antikörper von Muttermilch durch die Anwendung herkömmlicher Herstellungstechnik für Antikörper produzierende Zelllinien auf „Milchdrüsen-stämmige Zellen“ ermöglicht. Anfänglich gelang das Fusionieren nicht richtig, durch Ausprobieren vielfach variierter Bedingungen unter Beratung mit meinem Mentor, Herrn Nochi, ist die Herstellung dann aber gelungen.
Was ist die Motivation hinter der vorgestellten Forschung?
Während meiner Zeit als Studentin habe ich als Melkerin in einem Milchbetrieb gejobbt, wo ich gesehen habe, dass Infektionen beim Vieh durch die Behandlung und Selektion ein ernstes Problem sind, das den wirtschaftlichen Ruin bedeuten kann. Weiterhin fällt auch beim Menschen jedes Jahr eine große Zahl von Säuglingen Lungenentzündungen und Durchfallkrankheiten zum Opfer, die auf Infektionen zurückgehen, und eine Verbesserung der hohen Säuglingssterblichkeit, insbesondere in den Entwicklungsländern, zählt zu den internationalen SDG-Zielsetzungen. Ich habe die Forschung zur „Milchdrüsen-Immunität“ in der Hoffnung aufgegriffen, mit Milchdrüsen-Immunitätsforschung, die aus der Sicht der die Milchwirtschaft tragenden Nutztierwissenschaft betrieben wird, von der Erzeugerseite her wissenschaftliche Anstöße geben zu können, die nicht nur der Gesundheit des Nutzviehs, sondern auch der des Menschen dienen.
Was hat Sie zur Teilnahme an diesem Event motiviert?
Als Studentin habe ich „Falling Walls Lab 2018“ auf YouTube gesehen und fand es cool. Es ging mir nicht mehr aus dem Kopf. In den beiden darauf folgenden Jahren habe ich aber jeweils aufgegeben, weil ich dachte, ich müsste erst mehr Resultate haben und besser Englisch können. Dieses Jahr stärkte mir dann mein Mentor, Herrn Nochi den Rücken und meinte, es sei das Beste, eine solche Sache möglichst früh anzugehen, jetzt wäre genau richtig! Ich habe dann nicht mehr lange überlegt und mich angemeldet.
— Ich habe die Forschung zur „Milchdrüsen-Immunität“ in der Hoffnung aufgegriffen, mit Milchdrüsen-Immunitätsforschung, die aus der Sicht der die Milchwirtschaft tragenden Nutztierwissenschaft betrieben wird, von der Erzeugerseite her wissenschaftliche Anstöße geben zu können, die nicht nur der Gesundheit des Nutzviehs, sondern auch der des Menschen dienen.FWL Sendai 2021 (Saeka Uchino)
Gab es Probleme bei der Vorbereitung auf das Event? Falls ja, was waren die Probleme, und haben Sie daraus gelernt?
Um mit einem fachlichen Inhalt drei Minuten lang das Interesse wachhalten und mit meinem Vortrag beindrucken zu können, habe ich einiges ausprobiert. Bei einem Publikum, das von vornherein interessiert ist, begnügt man sich oft damit, hauptsächlich die Forschungsergebnisse zu besprechen. Beim FWL spricht man aber zu Leuten mit sehr unterschiedlichen Hintergründen, die man so angehen muss, dass sie sich überhaupt erst zu interessieren beginnen. Dies erreicht man nicht, indem man sich wie auf einer fachlichen Tagung auf die Erläuterung der Daten konzentriert. Vielmehr ist es wichtig, für alle verständlich darzustellen, wie die Forschung mit gesellschaftlichen Fragen zusammenhängt. Weiterhin habe ich aus Präsentationsvideos vieler Prominenter gelernt, dass bei der Kommunikation der Augenkontakt mit dem Publikum wichtig ist, wenn man als Sprecher in Erinnerung bleiben will.
Dieses Event ist ein Wettbewerb in internationaler wissenschaftlicher Kommunikation. Wie sehen Sie die Bedeutung der wissenschaftlichen Kommunikation?
Ich glaube, Kommunikation zwischen Wissenschaftlern (insbesondere aus unterschiedlichen Bereichen) ist wichtig, um auf einem Spezialgebiet neue Ideen und Innovationen hervorbringen zu können. Und die Bedeutung der Kommunikation zwischen Wissenschaftlern und Nichtwissenschaftlern zeigt sich insbesondere bei dem seit 2020 andauernden COVID-19-Problem. Und zwar, weil für die Lösung der zunehmend komplex gewordenen gesellschaftlichen Fragen der heutigen Zeit wichtig ist, dass sich die „Wissenschaft“ als Grundlage der politischen Entscheidungen und des staatlichen Handelns in einer für alle verständlichen Form darstellt, damit die Problemlösungen von möglichst vielen akzeptiert werden. Auch im Interesse der Entwicklung menschlicher Ressourcen, die diese künftige Kommunikation möglich machen, sollten die Doktoranden und jungen Forscher konsequent über den Fachbereich hinausgreifen, wenn sie von ihrer Forschung sprechen.
Worauf haben Sie bei der Präsentation für Zuschauer, die mit Ihrem Fachgebiet nicht vertraut sind, besonders geachtet?
Ich habe darauf geachtet, kein Vokabular zu verwenden, das nicht verstanden wird. Ich glaube, viele von uns haben schon die Erfahrung gemacht, dass der Gedankenfluss kurz aussetzt und man aus der Spur geworfen wird, wenn beim Zuhören ein Begriff kommt, den man nicht kennt. Ich wollte nicht, dass auch nur einer meiner Zuhörer ausfällt, mein Publikum sollte mir bis zum Ende folgen. Deshalb habe ich die Präsentation erst in meiner Umgebung gezeigt und mir die Begriffe aufzeigen lassen, die nicht bekannt waren. Diese habe ich dann konsequent durch einfachere ersetzt.
Wie würden Sie dieses Event jemandem empfehlen, der erwägt, am FWL teilzunehmen?
Man merkt, wie schwer es ist, etwas an Leute aus anderen Bereichen, aus anderen Ländern so zu vermitteln, dass es jeder versteht, und ich glaube, die Erfahrung, die man sammelt, wenn man dies probiert, ist sicher auch an anderer Stelle nützlich. Ich persönlich glaube auch, dass es eine gute Gelegenheit ist, die innere Wand zu überwinden, mit der viele Japaner kämpfen, weil sie Angst haben zu versagen oder ausgelacht zu werden. Wenn Sie noch schwanken sollten – nehmen Sie diese Herausforderung unbedingt an!
* Vor dem Event fand für Interessierte unter den Teilnehmern am FWL Sendai 2021 ein Präsentations-Coaching mit Frau Atsuko Kohata statt.
Interview: Chiaki Motoshima (DWIH Tokyo)